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Chemiekeulen gegen das Kohlendioxid

Kohlendioxid (CO2) ist der größte Zankapfel im Ringen um den Klimawandel

Ingenieure in aller Welt stellen sich die Frage: Wenn sich das Treibhausgas schon nicht vermeiden läßt, könnte man es dann nicht aus Abgasen filtern und in klimaneutraler Form deponieren? Ja, meint eine Gruppe von US-Forschern. Sie entwickelt derzeit ein Gerät, das Luft und damit auch darin enthaltenes CO2 ansaugt und durch ein Filter mit Natronlauge blubbern läßt. Dabei wird Kohlendioxidgas chemisch zu festem Karbonat umgewandelt. Dieses ähnelt Kalkstein und könnte ins Meer gekippt werden, wo es sich am Grund nicht anders verhält als abgestorbene Korallen - vorausgesetzt, die Versuchsanlage bewährt sich.

"Sequestrierung" (Abscheidung) ist der Fachbegriff für solche Techniken, die CO2 klimaunschädlich machen könnten. Doch mit welchem Aufwand und mit welchen Kosten? Emissionsfreie Kraftwerke würden durch Filterung und chemische Aufbereitung sowie durch den Aufwand für Transport und Speicherung große Mengen an Energie verbrauchen und den Strompreis mindestens verdoppeln, so die Rechnungen einiger Wissenschaftler. "Ein gewaltiger Unsinn", sagen deshalb auch die Chemiker Aloys Hüttermann und Jürgen Metzger von den Universitäten Göttingen und Oldenburg.

Die Wissenschaftler haben deshalb ein Konzept zur Wiederaufforstung vorgeschlagen, nach dem Motto: Wer im Treibhaus sitzt, soll Bäume pflanzen. "Wir haben nicht vor, die Sahara zu begrünen. Vielmehr wollen wir Flächen aufforsten, auf denen bis vor wenigen Jahrzehnten noch Wälder standen, die aber verödet sind", erläutert Hüttermann. Dazu gehören etwa die Sahelzone und der Aralsee, der seit 1961 kontinuierlich austrocknet. Die in der Vergangenheit dort vorhandene Vegetation zeige, daß es genug Regen gebe, der Boden jedoch nicht mehr in der Lage sei, das Wasser zu binden.

Die Forscher wollen die Pflanzen mit Wasser aus einem Hydrogel versorgen, das Regenwasser bindet und nach und nach an die Bäume abgibt. Die Gesellschaft Deutscher Chemiker unterstützt solche Ansätze: Wiederaufforstung sei das effizienteste und über Millionen Jahre erprobte System zur CO2-Sequestrierung. inhe


Artikel erschienen am Mi, 16. Februar 2005

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